Traumatisierte Menschen können ihre Traumata an die Folgegenerationen weitergeben – obwohl oder gerade weil sie über ihre Erlebnisse Stillschweigen bewahren.
Typische Symptome der Betroffenen sind z.B. erhöhte Stressanfälligkeit, Angststörungen bis hin zu Depressionen.
Traumata können auch weitergegeben werden, wenn die traumatisierten Personen gar nicht über sie sprechen.
Die Trauma-Forscherin Heide Glaesmer spricht in diesem Zusammenhang von „konspirativem Schweigen“:
Die Eltern verdrängen das Erlebte. Die Kinder spüren zwar, dass Wichtiges unausgesprochen bleibt, doch auch sie schweigen, um die Eltern nicht zu belasten. Man könnte sagen “Was man nicht bewältigt, wiederholt sich”.
Diese Wiederholungen müssen aber keine exakten Nachbildungen des Ursprungstraumas sein. Meist geht es eher darum, ein bestimmtes Macht-Ohnmacht-Verhältnis zu reinszenieren, das die traumatisierte Person erlebt hat.
Kinder traumatisierter Eltern wachsen in einem Umfeld auf, das von Unsicherheit und unausgesprochenem Leid geprägt ist. Sie spüren die emotionale Belastung ihrer Eltern, ohne die genauen Ursachen zu kennen. Diese Atmosphäre des Unausgesprochenen kann dazu führen, dass die Kinder selbst psychische Probleme entwickeln, die in einer direkten Linie zum verdrängten Trauma ihrer Eltern stehen.
Es ist wichtig zu erkennen, dass die Weitergabe von Trauma nicht nur durch das Schweigen, sondern auch durch subtile Verhaltensmuster und emotionale Reaktionen der Eltern erfolgt.
Kinder übernehmen oft unbewusst die Ängste und Sorgen ihrer Eltern, was zu einer Art „emotionalem Erbe“ führt. Dieses Erbe beeinflusst ihre eigene Wahrnehmung und Reaktion auf Stress und kann ihre Fähigkeit zur Bewältigung von Herausforderungen beeinträchtigen.
Die Auseinandersetzung mit transgenerationalem Trauma erfordert Mut und Offenheit. Es ist ein Prozess, der das Schweigen brechen und das Verborgene ans Licht bringen darf.
Psychotherapie und andere therapeutische Ansätze können dabei helfen, die traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten und die daraus resultierenden Verhaltensmuster zu verstehen und zu verändern. Dies ermöglicht nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch den nachfolgenden Generationen ein Leben mit weniger emotionalen Bürden und mehr innerer Freiheit.
Transgenerationales Trauma ist ein komplexes und vielschichtiges Phänomen, das zeigt, wie tief die Wunden vergangener Erlebnisse reichen können. Doch es birgt auch die Hoffnung, dass durch das Erkennen und Bearbeiten dieser Traumata ein Neuanfang möglich ist – für die Betroffenen und ihre Nachkommen.