Vaso was? Der vasomotorische Zyklus

Hand of boxer and punching bag over black background

Wir reagieren heute noch so auf psychischen oder physischen Stress bzw. Gefahr wie schon seit tausenden von Jahren. Unser biologisches System – der Körper – ist auf Überleben ausgerichtet und begegnet Stress und Gefahr mit einer in vielen Evolutionsjahren eingefleischten biologischen Antwort: dem Reiz-Reaktions-Zyklus oder vasomotorischen Zyklus.

Er beschreibt den Ablauf einer Stressreaktion im Körper – einen Erregungszustand in der Blutzirkulation – und besteht aus fünf Phasen:

  1. Reiz
  2. Emotionale und somatische Ladung
  3. Entladung durch verbalen oder vegetativen Ausdruck
  4. Entspannung und Integration
  5. Wiederherstellung des inneren Gleichgewichtes

Unser Körper hat also eine ihm inhärente Tendenz zur Wiederherstellung und Heilung durch Selbstregulierungsmechanismen. Auf der physio-psychologischen Ebene wirkt der vasomotorische Zyklus, um ein gesundes Gleichgewicht herzustellen und um energetische Blockaden abzubauen.

Wird dieser natürliche Ablauf unterbrochen – wenn z.B. ein Gefühl nicht adäquat ausgedrückt, erkannt oder gespürt wird – kann der vasomotorische Zyklus nicht vollendet werden und es kommt zu Störungen in der Selbstregulation.

Wird zum Beispiel ein weinendes Kind nicht ernst genommen und statt getröstet sogar angeschrien wird, verbleibt der Stress im System. Der Konflikt wird nicht aufgelöst. Die Restspannung lagert sich in Form von biochemischen, hormonellen Schlackenstoffen in Muskeln und an Gewebewänden ab. Häufen sich die unterbrochenen Zyklen, so verschlacken Körper und Psyche immer mehr und ein sogenannter Gewebepanzer entsteht.

Dieser steht für die Gesamtheit der Stoffwechselrückstände, die im Zusammenhang mit unabgeschlossenen Zyklen im Gewebe verbleiben, es gleichsam verstopfen und so eine Barriere für das Fließen von Körperenergien und -flüssigkeiten darstellt. Der Gewebepanzer wird als die körperliche Ursache psychosomatischer Symptome und nervöser Schmerzen betrachtet.

Da aber jedem vasomotorischen Zyklus ein biologischer Drang, sich zu vollenden, innewohnt, besteht immer die Möglichkeit, unvollendete Zyklen zu vollenden.

Körperpsychotherapie und integrative Körperarbeit bieten eine ganze Reihe von direkten und indirekten Methoden, um den Prozess der Selbstregulierung zu unterstützen bzw. wieder zu initiieren.

Das vollständige Durchlaufen eines Zyklus ist nicht in jeder Sitzung möglich. Dann braucht es noch weitere Sitzungen, Nacharbeit, Träume, schreiben, organisches Sprechen oder vegetatives Nachreagieren.

Manchmal ist es angebracht, dass die Spannung und Ladung erhöht wird, um eine vollständige Entladung auszulösen. Manchmal ist der Grundtonus so hoch, dass lange Zeit auf der Entspannungsseite des Zyklus gearbeitet werden muss, um ein Zuviel von Haltungs-Druck abzubauen und auf diese Weise einer Entladung zum Ausdruck zu verhelfen.

Jede*r Klient*in kommt in einem anderen Stadium, an einer anderen Stelle der Unterbrechung in diesem Zyklus und in einer anderen Abweichung von der „vegetativen Normallage“.

Dabei ist es für mich als Therapeutin wichtig zu erkennen, in welcher grundlegenden Struktur sich mein Gegenüber befindet und welche physiologischen Prozesse in dieser Phase im Vordergrund stehen. So kann ich die passenden Interventionen wählen.

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